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Ein bunter Regenschirm und ein großer grauer Hund

Eines Nachts im Traum fuhr ich auf einem silberfarbenen Tretroller zu meiner damaligen weiterführenden Schule. Nachdem ich um die Ecke bog, sah ich, dass es in meiner alten Schule gebrannt hatte. Ich war froh darum, weil ich in diesem Moment dachte, dort nichts gelernt zu haben. 

Als ich weiterfahren wollte, hielt ich plötzlich einen Regenschirm in meiner Hand. Er bestand nur noch aus dem Gestänge, an dem links und rechts ein paar traurige schwarze Fetzen herunter hingen. 

Aus einem starken Gefühl heraus, zog es mich noch einmal zur Schule zurück!

Ein paar Räumlichkeiten waren nicht allzu sehr verbrannt, betretbar und halbwegs eingerichtet und an einer Wand hingen viele kleine und große bunte Regenschirme. Auf magische Weise wurde mir der größte bunteste Schirm überreicht und als ich mich umdrehte, stand vor mir ein riesiger grauer Hund. Auch dieser wurde mir übergeben mit einer passenden Leine dazu und ich vernahm sein erleichtertes Schnaufen.


Am nächsten Morgen konnte ich mir keinen Reim auf diesen Traum machen. Doch während ich meinem Sohn davon berichtete, setzten sich alle Puzzleteile allmählich für mich zusammen.

Mir fiel als erstes der Roller ein, mit dem ich zur Schule fuhr. Die Fahrt mit ihm fühlte sich so leicht, beschwingt und unbeschwert an…

Als ich mich der Schule näherte, kamen mir augenblicklich meine schlimmsten Schulängste in den Sinn und es machte mich unglücklich und schwer. Das Schulgebäude war so gut wie niedergebrannt und ich spürte die Erleichterung. Endlich! Dieses Kapitel in meinem Leben schien komplett vorbei, selbst die Erinnerungen scheinbar gelöst in meinem Traum.

Doch da war noch der verbrannte Schirm in meiner Hand. War das wirklich alles, was von meiner Schulzeit übrigbleiben sollte?

Nein! So konnte ich es nicht stehenlassen, folgte meinem Gefühl und ging zurück! Ich wollte noch einmal genau hinschauen, mich meinen Ängsten stellen, meiner Erinnerung an diese Zeit in meinem Leben eine Chance geben….

Indem ich mich tiefer zu erinnern begann, wurden mir drei große Geschenke überreicht.

Mein erstes Geschenk: In dieser Schule liebte ich das Fach Kunst und Kunstgeschichte über alles! 

Dadurch lernte ich die kreative Seite in mir kennen und versank förmlich in meinem künstlerischen Tun beim Malen, Werkeln und dem Aufsaugen von Wissen über die entsprechenden Künstler.

Mein zweites Geschenk: Und manchmal, wenn mir spontan nichts zum vorgegebenen Thema einfiel, schlief ich eine Nacht darüber. So lernte ich, meinem unbewussten, viel größeren weiseren Anteil in mir zu vertrauen, meine Intuition zu lieben. Am nächsten Morgen hatte ich immer eine Lösung, die alles übertraf, was ich mit meinem bewussten Verstand nicht hätte lösen können.

Mein drittes Geschenk: Der große graue Hund „an der Leine“ symbolisierte für mich einen treuen Begleiter, wenn auch nur für den begrenzten Zeitraum der Schulzeit. Er erinnerte mich an meine Deutschlehrerin. Sie war schon etwas älter, grau, groß gewachsen, drahtig und etwas schroff. 

Aber ich mochte sie sehr. Unter ihrer leicht ruppigen Art versteckte sich ein wahrer Kinderfreund. 

Mit ihrer Ehrlichkeit fühlte ich mich gut aufgehoben und unterstützt. So konnte ich mich fallenlassen beim Schreiben meiner Geschichten… Diese „aufrichtige gesunde Verbindung“, die ich mit ihr erleben durfte, lässt mich heute noch oft beim Schreiben lächelnd an sie denken.


Nach diesem Traum legt sich nun ein ganz feiner liebevoller Schleier über die Jahre, die ich am liebsten vergessen wollte… und es überkommt mich ein starkes Gefühl des Glücks, was mich dankbar und demütig macht, noch einmal mutig zurückgeblickt zu haben! So konnte ich endlich die drei Geschenke empfangen, die schon sehr lange für mich bereitgestellt waren, die ich aber durch den Schmerz und die Ängste der Vergangenheit noch nicht erkennen konnte.

Was ich noch zu schreiben vergaß: Meine Deutschlehrerin unterrichtete mich ebenfalls im Fach Kunst und Kunstgeschichte :).